Was damals in Goa geschah
Howard Levin
Es ist Dezember 1970. Die Gerüchte, die wir gehört hatten, wurden Wirklichkeit – Swami wollte nach Goa reisen. Wir erfuhren, dass Er drei Tage als Gast von Sri Nakul Sen, dem Gouverneur der alten portugiesischen Kolonie an der Südwestküste Indiens, verbringen sollte. Nach der Reise nach Goa sollte Sai Baba dann nach Brindavan zurückkehren.
Ich erfuhr von Krishnas und Mohans Mutter, dass Swami plante, sie in Seinem Auto mitzunehmen. Sie waren völlig aufgeregt.
Am Tag vor Sai Babas Abreise trafen Phil, Jerry und ich uns mit Herrn Kasturi in Swamis Garten. Wir hatten beschlossen, mit dem Bus nach Goa zu fahren und an Sai Babas öffentlicher Ansprache und Darshan teilzunehmen. Michele war auch dabei, als wir Herrn Kasturi unseren Plan mitteilten.
„Warum dorthin fahren?“, fragte er. „Babas Programm dauert nur drei Tage. Ihr werdet mindestens zwei Tage im Bus verbringen, um hin und zurück zu fahren.“ Ich sagte, dass es sich doch lohnen würde, wenn wir Sai Baba am Strand sehen könnten.
Viele Jahre zuvor nämlich war Sai Baba an die Küste von Kerala gereist. Während Er im Sand stand, kam eine Welle, überspülte Seine Füße und hinterließ eine Girlande aus Perlen um sie herum. Die Möglichkeit einer Wiederholung wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Wir drei, Phil, Jerry und ich, beschlossen, auf jeden Fall zu fahren – trotz der langen Busfahrt. Wir merkten, dass Michele von Herrn Kasturi entmutigt wurde, aber wir erzählten ihr nicht von unserem Plan, doch zu fahren.
Am nächsten Morgen nach dem Darshan reiste Sai Baba ab, begleitet von Mohan, Krishna und einigen anderen.
Unsere dreiköpfige Gruppe wollte noch am selben Abend nach Bangalore fahren, um von dort einen Expressbus zu nehmen, der uns am nächsten Abend nach Goa bringen sollte – ein Tag nach Sai Baba. Gegen 17 Uhr trafen wir uns vor dem Tor von Brindavan, aber zu unserer Überraschung erfuhren wir, dass Sai Baba zurückgekehrt war. Die Studenten erzählten uns, dass Sein Auto eine Panne hatte und Er nach Seinem anderen Auto schicken musste. Aber anstatt nach Goa weiterzufahren, kam Er erst einmal zurück.
Wir beschlossen, zu warten und zu sehen, was passieren würde, bevor wir handelten. Wir erkundigten uns und erfuhren, dass Swami irgendwann am nächsten Morgen erneut abreisen würde. Was sollten wir nun tun?
Als Sai Baba zum abendlichen Darshan herauskam, schauten wir Ihn aus der Ferne an, und in diesem Moment beschlossen wir drei ohne Zögern, zu fahren. Wir hatten unser Gepäck dabei, und wir wollten nicht auf Seine Abreise warten. Auf nach Bangalore! Wir kauften Fahrkarten für einen Bus am frühen Abend und machten es uns auf unseren Sitzen bequem für die neunundzwanzigstündige Fahrt. Wir fragten uns, ob Sai Baba tatsächlich da sein würde, wenn wir ankommen?
Am späten Abend des folgenden Tages erreichten wir Panaji, die Hauptstadt von Goa. Nachdem wir in einem Hotel eingecheckt und unser Bad genommen hatten, beschlossen wir, zum Gouverneurspalast, dem „Cabo Raj Nives“, zu fahren, um zu sehen, ob Sai Baba und Seine Gruppe angekommen waren.
Die Soldaten am Tor teilten uns mit, dass Sai Baba erst wenige Stunden zuvor angekommen sei. Wir hatten Glück. Ich war überglücklich und freute mich darauf, Sai Baba am Strand zu sehen, wie Er Dinge aus dem Sand materialisierte. Wir beschlossen, am nächsten Morgen schon früh zum Darshan den Palast aufzusuchen.
Um 6 Uhr am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg. Die Taxifahrt von Panaji zum Ende der Halbinsel, wo der Palast majestätisch über dem Arabischen Meer thront, dauerte fünfzehn Minuten. Am Tor wurde unser Auto von der Sicherheitspolizei angehalten, und als wir ihnen mitteilten, dass wir Devotees seien, die aus Prasanthi Nilayam kommen, wurde erst einmal telefoniert. Gouverneur Sri Nakul Sen gab uns die Erlaubnis zur Einfahrt, und das Taxi fuhr noch eine Viertelmeile weiter, bevor der Palast in Sichtweite kam. Wir stiegen aus dem Taxi und setzten uns auf den gepflegten Rasen, auf dem sich bereits eine Handvoll einheimischer Devotees versammelt hatte.
Es war Anfang Dezember. Der Himmel war klar und blau, und eine sanfte Brise wehte vom Meer her und erfüllte die Luft mit dem Duft der frischen Blumen, die ringsum wuchsen. Die Kulisse war überwältigend. Was für ein schöner Ort, um mit dem Avatar zusammen zu sein.
Als es auf neun Uhr zuging, kam Herr Kasturi zügig die lange, mit rotem Teppich ausgelegte Treppe hinunter, die von der Eingangstür des Palastes zur Auffahrt führte. „Es scheint, dass Baba gesagt hat,“ – er hielt wieder in seinem charakteristischen südindischen Stil inne (Herr Kasturi hatte eine Art, innezuhalten, wenn er eine Nachricht von Sai Baba überbrachte, die mein Herz in Erwartung einer schlimmen Nachricht immer vor Angst flattern ließ.) – „dass Ihn Sein Körper von der langen Reise im Auto schmerzt. Er hat darum gebeten, dass ihr alle zu euren Plätzen zurückgeht und euch heute Abend für Seine öffentliche Ansprache wieder versammelt. Es war Ihm wichtig, dass ihr nicht hier in der heißen Sonne sitzt. Er wird heute keinen Darshan geben.“ Nun, das klang vernünftig genug. Dennoch war keiner von uns davon überzeugt, dass sich da nicht noch etwas anderes zusammenbraute, aber wir waren verpflichtet, Swamis Wunsch zu befolgen.
Zurück in Panaji trafen wir Tal, Wendal und Eddie; sie waren gerade angekommen. Jetzt waren wir also zu sechst.
An diesem Abend versammelten wir uns auf dem zentralen Platz der Stadt, wo eine Bühne für Sai Babas Ansprache aufgebaut worden war. Wir saßen ganz vorne, in dem Bereich, der für Bhajan-Sänger und enge Devotees reserviert war. Die Bhajans begannen um sechs Uhr. Um sieben Uhr war Baba immer noch nicht da. Die etwa 30.000 Zuschauer wurden immer ungeduldiger, denn das Programm war ja für 18 Uhr angesetzt worden. Diese Verzögerung war höchst ungewöhnlich.
Schließlich erschien Herr Kasturi gegen neun Uhr auf der Bühne. Er verkündete der riesigen Versammlung, dass Baba die Blinddarmattacke eines Devotees übernommen habe, der sonst nicht überlebt hätte. Ein paar Minuten lang hörten alle still zu, dann herrschte große Verwirrung in der Menge. Die Leute unterhielten sich lautstark und übertönten den Rest von Herrn Kasturis Ausführungen. Viele äußerten die Befürchtung, dass Baba sterben würde; andere sagten, es sei Sein Leela. Wieder andere schüttelten zweifelnd den Kopf und viele Devotees weinten.
Einzelne Gruppen begannen, langsam den überfüllten Platz zu verlassen, aber viele drängten nach vorne zum Podium, um weitere Informationen von Herrn Kasturi zu erhalten. Armer Herr Kasturi! Was sollte er sagen? Er sprach beschwichtigend, dass dies nur Swamis Leela sei. Dann stieg er in ein Auto, das ihn zurück zum Palast bringen sollte.
Wir hatten das Glück, in dem Gedränge und Durcheinander den Sohn des Gouverneurs, Rakesh Nakul Sen, zu treffen. Er sagte uns, dass wir nichts weiter tun könnten als zu warten. „Kommt morgen in den Palast“, meinte er.
Schweren Herzens machten wir uns auf den Weg zurück in unser Hotel. Viele Gedanken gingen mir in dieser Nacht durch den Kopf. Ich wusste, dass Swami so etwas schon einmal getan hatte, aber ich hatte es noch nie miterlebt. Würde Er sterben? Ich dachte, dass Er vielleicht beschlossen hat, dass Seine Mission scheitern wird und dass Er Seinen Körper verlassen sollte. Aber das konnte ich einfach nicht akzeptieren und so schob ich die Befürchtungen beiseite, weil ich sie für lächerlich hielt. Ich dachte an Sai Baba und betete zu Ihm, dass Er sich bald heilen möge. „Hatte Er Schmerzen?“, fragte ich mich. Der Gedanke, dass Er Schmerzen hatte, und meine Angst, dass Er uns verlassen könnte, schossen mir die ganze Nacht lang durch den Kopf.